Zum Gedenken an Alt-Gemeinderat Mayer – Ein Mann mit Standpunkten und Rückgrat

Ein Mann mit Standpunkten und Rückgrat ist nicht mehr

Im Juni 2020 ist Gottfried Mayer im 74. Lebensjahr verstorben. Er war Sektionschef für Konsumentenschutz im Sozialministerium und lange Zeit Gemeinderat.

In einer Presseaussendung des  Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz hieß es am 15. Juni 2020  in der Überschrift: Mit Gottfried Mayer verliert die Konsumentenpolitik einen Vordenker und Humanisten

Gottfried Mayer – ein Vordenker und Humanist…

Gottfried Mayer wurde als Sektionschef für Konsumentenschutz gegen seinen Willen vorzeitig pensioniert. Das traf ihn hart, und es hatte seine Folgen…Mangelnde Qualifikation konnte ihm sicher von niemandem vorgeworfen werden. Am Beispiel Mayer bewahrheitet sich ein Satz von Voltaire: »Es ist gefährlich, Recht zu haben, wenn die Regierung unrecht hat.« , so ein Festredner. Und weiter: »Während in anderen Ministerien die meisten Beamten das taten, was vor ihnen ihre Vorgänger getan hatten, und die Grenzen des eigenen Ressorts die Grenzen der Welt waren, hast Du, lieber Gottfried, die Welt geöffnet.« Bei dieser Rede anlässlich eines Festaktes für Gottfried Mayer durch Herrn Dr. Lehofer, Richter des Verwaltungsgerichtshofs, konnte auch Ausgeglichene der (heilige) Zorn packen. Dr. Mayer war als Sektionschef offenbar überqualifiziert. Gottfried Mayer war kein Revolutionär, aber er hatte Standpunkte. Er stand für Konsens, aber er arrangierte sich nicht ohne Rückgrat mit neuen Mächtigen.

…machte Kleinarbeit für „den kleinen Mann“

Gottfried Mayer machte Kleinarbeit für den kleinen Mann –  und für die kleine Frau, ohne dies groß an die Glocke zu hängen. Das Sympathische daran war sein Streben, durch Änderung der Gesetze mehr Gleichheit bzw. gleichen Zugang zum Recht zu erreichen. In wohltuendem Kontrast zu manchen, die sich als »Anwalt des kleinen Mannes« ausgeben. Gottfried Mayer hat sich in vielen Bereichen engagiert. Einige Dinge wären wahrscheinlich ohne ihn nicht verbessert worden: So z. B. die Kundenrechte bei den Banken und Versicherungsgeschäften, der Schutz Jugendlicher bei Bankgeschäften, die Verbesserung der Produkthaftung oder die Einführung des Privatkonkurses. Das alles war juristische, administrative und letztlich auch politische Kleinarbeit, ist aber umso nachhaltiger für breite Kreise der Bevölkerung wirksam. Es gilt dafür das Wort von Bert Brecht, wonach Gesetze »keinen anderen Nutzen (haben sollen), als das Zusammenleben der Menschen angenehm zu machen«.

Ein kompetenter und…

Gottfried Mayer weist eine lange Liste von veröffentlichten Artikeln und Büchern auf, darunter etwa ein Buch wie »Österreich als katholische Großmacht« aus dem Jahre 1989. Meist handelte es sich bei den Veröffentlichungen um fachlich orientierte Arbeiten im Bereich Konsumentenschutz. Die Rede bei einer Ehrung Gottfried Mayers ist interessant. Ein Zitat: »Kraft, Ausdauer, Leidenschaft und Augenmaß hast du – als Beamter – bewiesen; derjenige aber, dessen Beruf die Politik ist, Bundesminister Dr. Böhmdorfer, ließ dir gegenüber offenbar dieses Augenmaß vermissen.« Er war nicht der einzige rüstige Fünfziger, den eine schwarz-blaue Regierung in Frühpension geschickt hat, weil sie weniger qualifizierten Leuten im Wege standen. Beim Purkersdorfer Gottfried Mayer, der als einer der sicher unbestritten kompetentesten Beamten Österreichs einem blauen Justizminister im Weg war, kommt dazu, dass ihn die Vorgangsweise sichtlich persönlich getroffen hat. Das zusätzlich Skandalöse daran ist, dass diese Machtspiele von Schwarz-Blau auf Steuerkosten betrieben wurden, und die Regierung gleichzeitig allgemein die Anhebung des Pensionsalters verlangte.

…und humorvoller Mensch

Gottfried Mayer zeichnete ein durchgehender Humor aus, und sein Witz kompensierte die Taten von Hump und Dump. Gottfried Mayer war in den 80er Jahren Gemeinderatin Purkersdorf und später Leiter der Volkshochschule. Dass er – nicht ganz zufällig – mit dem Aufstieg Schlögls als Bürgermeister aus der Gemeindepolitik ausschied, war ein absoluter Verlust für Purkersdorf.

Er war auch bei kontroversen Diskussionen ein kooperativer und konstruktiver Mensch, und Diskussionen mit ihm unter Austausch unterschiedlicher Standpunkte waren in jedem Fall ein Gewinn. Purkersdorf kann sich glücklich schätzen, solche Menschen gehabt zu haben.

J. Baum