Dr. Schlintner in memoriam: Außerordentlicher Respekt für einen konservativen „Elder Statesman“

Dr. Schlintner war ein großer Mann mit Standpunkten und Anstand.

Kürzlich starb Dr. Kurt Schlintner, nachdem er noch im Sommer den 93. Geburtstag erlebt hatte. Es gibt wenige, die Purkersdorf mehr geprägt haben. Er baute nicht nur auf den persönlichen gemischten Erfahrungen der 30er Jahre und des Krieges auf – wer kann das sonst noch?- , und repräsentiert praktisch die gesamte Gemeindegeschichte seit  dem Zweiten Weltkrieg  – auch dafür fällt mir sonst niemand mehr ein.

Er hatte viele Funktionen, vom Jugendherbergsverband angefangen, von denen hier nur Stadtrat und Vizebürgermeister aufgezählt seien. Wenn auf jemanden in Purkersdorf die Bezeichnung „Elder Statesman“ zutrifft, dann jedenfalls auf Dr. Kurt Schlintner.

Er war und ist ein Konservativer von einer Art, wie sie auch im Zeitgeist seltener geworden ist: Mit Anstand, Humanismus, Respekt für andere und Sinn für den Ausgleich.

Als Chronist hat er in mühsamer Kleinarbeit viele bleibende Beiträge zur Ortsgeschichte in Purkersdorf geleistet. Man mag nicht immer mit seinen Interpretationen des Geschehens übereinstimmen, sein Weltbild ist jedenfalls auf umfangreichen Kenntnissen von der Weltliteratur bis zu örtlichen Details aufgebaut – auch in dieser Hinsicht gibt es nicht viele andere.

Was ich von Dr. Schlintner für immer gelernt habe, ist seine Rede vom „homo publicus“, dem „öffentlichen Menschen“. Wenn man heute im Internet nach diesem Begriff sucht, so findet man damit eine  aktuelle Sicht vom Menschen, der sich in der Öffentlichkeit präsentieren muss, quasi wie eine Ware. Das ist aber nicht die klassische Sicht und eben auch nicht die Sicht des Dr. Schlintner: für ihn war das die Charakterisierung der Tätigkeit des Menschen als ein prinzipiell soziales Wesen: in vorwiegend unbezahlten Tätigkeiten, ohne die unser Leben wohl nicht funktionieren würde, in  und FÜR die Öffentlichkeit, als Freiwillige in Vereinen, bis hin zum Gemeinderat. Außerordentlichen Respekt verdient auch, wie er mit einer bleibenden Kriegsverletzung umgegangen ist, die ihm das Leben nicht immer leicht gemacht haben mag.

In diesem Sinn DANKE für manch produktive Auseinandersetzung und DANKE für ihre umfassende Arbeit für Purkersdorf; und auch großen Respekt insbesondere für seine Frau Johanna, die ihn in bewundernswerter Weise bis in die letzten schwierigen Jahre begleitete.

J. Baum